25 Jahre Kinderrechte: Jubiläum mit bitterem Beigeschmack

Gemeinsamer Einsatz für Kinderrechte: Psychologe und Familienberater Dr. Josef Fuhrmann, LRin Verena Dunst, Jugendanwalt Mag. Christian Reumann

Am 20. November 1989 wurde die "Konvention über die Rechte des Kindes” von den Vereinten Nationen angenommen. „G’sunde Watschen“ noch immer verbreitet **** Auf den Tag genau vor 25 Jahren wurde die "Konvention über die Rechte des Kindes” von der der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet. 190 Staaten haben sie unterzeichnet und ratifiziert. Ein Teil der Kinderrechte findet sich seit 2011 in abgeschwächter Form auch in der österreichischen Bundesverfassung wieder.

Doch noch immer gehört die „g’sunde Watschn“ bei einem Drittel der Erwachsenen hierzulande zum fixen Erziehungsrepertoire, so eine aktuelle Studie. „Wenngleich die gesetzlichen Vorgaben und präventiven und bewusstseinsbildenden Maßnahmen der vergangenen Jahre auch positive Auswirkungen gezeitigt haben, stimmt diese Bilanz nachdenklich. Das muss für uns ein Auftrag sein, die Aktivitäten zum Schutz von Kindern und Jugendlichen weiter zu forcieren“, so Familienlandesrätin Verena Dunst beim heutigen gemeinsamen Pressegespräch mit Kinder- und Jugendanwalt Mag. Christian Reumann und dem Psychologen Dr. Josef Fuhrmann, zuständig für den Bereich Familien- und Erziehungsberatung beim Amt der Burgenländischen Landesregierung. Im Burgenland stehen die Experten der Jugendanwaltschaft und der Familienberatungsstellen Erziehungsberechtigten für direkte, persönliche und unkomplizierte Beratung vor Ort zur Seite.

Gewalt in der Erziehung seit 1989 verboten

 

„Jedes Kind hat das Recht auf gewaltfreie Erziehung“, so lautet der Artikel 5 des Bundesverfassungsgesetzes. Dass der Gesetzgeber bereits 1989 die „Anwendung von Gewalt und die Zufügung körperlichen oder seelischen Leides als unzulässig“ erklärt und damit Gewalt in der Erziehung faktisch verboten hat, wissen laut einer aktuellen Studie des Familienministeriums lediglich 58 Prozent der ÖsterreicherInnen. „Dies unterstreicht auch die Tatsache, dass rund ein Drittel der Erwachsenen die ‚g’sunde Watsch’n‘ nach wie vor verteidigen und als angemessene Erziehungsmaßnahme betrachten und auch einsetzen“, so Dunst. Allerdings ohrfeigten in den 1970er-Jahren noch 77 Prozent der Erwachsenen hierzulande Kinder ohne schlechtes Gewissen. „Das Bewusstsein hinsichtlich körperlicher Gewalt hat sich in den letzten Jahrzehnten zumindest verbessert“.

 

Drei große Gruppen bei Kinderrechten

Drei große Gruppen umfasst der Bereich Kinderrechte: Versorgungsrechte – wie das Recht auf angemessenen Lebensstandard, auf Zugang zu Gesundheitsdiensten und Bildung; Schutzrechte – das Verbot jeglicher Form von Gewalt gegen Kinder und Schutz vor wirtschaftlicher und körperlicher Ausbeutung; und Beteiligungsrechte - das Recht auf eine eigene Meinung, sich zu versammeln, ebenso wie das Recht auf soziale Integration und das grundsätzliche Recht auf Partizipation in allen Angelegenheiten, die Kinder betreffen. Oder kurz, wie es ein achtjähriger Teilnehmer eines Kinderworkshops zu Kinderrechten auf den Punkt brachte: „Kinderrechte sind das, was Kinder brauchen, damit es ihnen gut geht“.

 

„‘G’sunde Watschen‘ gibt es nicht“

Zuschlagen werde oft als letzter Ausweg angesehen und sei ein Ausdruck der Hilflosigkeit und Überforderung. „Die ‚g’sunde Watschen‘ gibt es nicht. Jede Watsche ist eine seelische Verletzung“, betont Fuhrmann. Bei einem kleinen Prozentsatz von vier bis sechs Prozent der Erziehungsberechtigten werde allerdings auch massivere Gewalt wie Prügeln akzeptiert und auch regelmäßig angewendet. „Diese Gruppe ist auch Aufklärungsmaßnahmen kaum zugänglich“ weiß Reumann aus der Praxis. Deshalb sei der einzige Weg, Gewalt gegen Kinder gesellschaftlich zu ächten. „Dass Kinder vollwertige Menschen sind, sollte längst Allgemeingut sein. Menschen schlägt man nicht. Es ist traurig, dass es eine Kinderrechtskonvention braucht – die Menschenrechtskonvention müsste zum Schutz der Kinder genügen“, so der Jugendanwalt.

 

Verhaltensmuster durchbrechen

Keine Überforderung rechtfertige Gewaltanwendung. Allerdings gehe es nicht allein um körperliche Gewalt, erklärt Fuhrmann: „Eltern setzen oft Aktionen seelischer Gewalt, die mindestens ebenso schlimm sind, etwa durch unnötig strenge Strafen“. Meist gehe Schlagen mit erlernten Mustern einher. In den Beratungen durch die Experten der Familienberatungsstellen werden alternative Muster aufgezeigt, um diesen Kreis zu durchbrechen.

 

„Nicht verurteilen, sondern zur Seite stehen“

Im Burgenland sind Jugendanwaltschaft und die Familienberatungsstellen erste Anlaufstellen, wenn es Probleme in den Familien und in der Erziehung gibt, und leisten auch Präventionsarbeit. Speziell ausgebildete ExpertInnen aus dem psychologischen, sozialen, medizinischen und juristischen Bereich stehen den Familien kompetent mit Rat und Tat zur Seite. Eine von der Familienlandesrätin 2012 ins Leben gerufene Elternbildungsinitiative zeigt, dass der Bedarf vorhanden ist: Mehr als 800 Eltern nahmen daran teil.

 

„Es ist normal, dass es  Momente in der Erziehung gibt, wo man keinen Ausweg weiß. Wir sind aber keine Verurteiler der Erziehungsberechtigten, wir wollen ihnen vielmehr als Partner zur Seite stehen“, so Dunst abschließend.

 

Pressefoto zum Download: 25 Jahre Kinderrechtskonvention

 

 

Bilder 1, 2 (v.l.): Gemeinsamer Einsatz für Kinderrechte: Psychologe und Familienberater Dr. Josef Fuhrmann, LRin Verena Dunst, Jugendanwalt Mag. Christian Reumann

 

Bildquelle: Landesmedienservice Burgenland

 

Hans-Christian Siess, 20. November 2014                                    

 

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