Fenster in die Steinzeit: Grabungen in Rechnitz bringen neue Erkenntnisse über die neolithische Besiedelung des Südburgenlandes

Hannes Wagner, Landesimmobilien Burgenland, Nikolaus Franz, Leiter der Archäologie Burgenland, Landeshauptmann Hans Peter Doskozil, Martin Kramelhofer, Bürgermeister der Gemeinde Rechnitz und Claudia Priber, Geschäftsführerin Kultur Betriebe Burgenland GmbH, bei der Kick-off-Veranstaltung zum Projekt „Kreisgrabenanlage Rechznitz“ im September des Vorjahres
Landeshauptmann Hans Peter Doskozil bei der Kick-off Veranstaltung zum Projekt „Kreisgrabenanlage Rechznitz“ im September des Vorjahres (Archivbilder)
Landeshauptmann Hans Peter Doskozil bei der Kick-off Veranstaltung zum Projekt „Kreisgrabenanlage Rechznitz“ im September des Vorjahres (Archivbilder)
Die Projektfläche „Kreisgrabenanlage & Steinzeitdorf Rechnitz“ aus der Vogelperspektive (1).
Die Projektfläche „Kreisgrabenanlage & Steinzeitdorf Rechnitz“ aus der Vogelperspektive (2).
Astrid und Wilfried Tögel von der ARCHÄOLOGIE BURGENLAND beim händischen Überputzen der Grabungsfläche.
Der Grabungsschnitt folgt der zukünftigen Anlage des Spazierweges, der vom Besucherpavillon zur Kreisgrabenanlage führen wird. Basis für die Ausgrabungen sind geomagnetische Bodenuntersuchungen von GeoSphere Austria.

Im Rahmen der Umsetzung des Masterplanes Archäologie des Landes Burgenland führte die ARCHÄOLOGIE BURGENLAND rettungsarchäologische Grabungen auf dem Projektgelände „Kreisgrabenanlage und Steinzeitdorf“ in Rechnitz durch

Der Grund für die neuerliche Ausgrabung liegt in den demnächst startenden Bauarbeiten im Zuge der Umsetzung des Flagship-Projekts „Kreisgrabenanlage und Steinzeitdorf. „Mit den Ausgrabungen erfolgt der letzte notwendige Schritt, um mit den Errichtungsarbeiten beginnen zu können“, erklärt Landeshauptmann und Kulturreferent des Burgenlandes, Mag. Hans Peter Doskozil. „Es freut mich außerordentlich, dass in Rechnitz ein archäologisches Besucherzentrum entsteht, das nicht nur zentrale historische Erkenntnisse über unser Bundesland vermittelt, sondern auch der Naherholung der Bevölkerung dient und den Kulturtourismus ankurbelt“, stellt Doskozil fest. 

Auf dem Gemeindegebiet von Rechnitz wurden die Befunde dreier mittelneolithischer Kreisgrabenanlagen mittels luftbildarchäologischer Auswertungen und geophysikalischen Messungen nachgewiesen. „Durch die Existenz von gleich drei dieser monumentalen Bauten aus dem 5. Jahrtausend vor Christus in unmittelbarer Nachbarschaft zueinander kann der Fundort Rechnitz als überregionales Zentrum im Mittelneolithikum gelten“, führt Mag. Nikolaus Franz, Leiter der referatsinternen Kompetenzeinheit ARCHÄOLOGIE BURGENLAND in der Abteilung 7 – Bildung, Kultur und Wissenschaft aus. Natürlich gefährden alle zukünftig stattfindenden Umsetzungsarbeiten am Projektgelände auch die archäologischen Bodenbefunde. „Diese müssen deswegen vor den Bauarbeiten fachgerecht ausgegraben und dokumentiert werden“, ergänzt Franz.

Der Projektfläche in Rechnitz wird durch eine Reihe von Maßnahmen archäologisch und kulturtouristisch erschlossen und ist auf den südöstlich an das Ortgebiet von Rechnitz anschließenden Feldern verortet. Die Kreisgrabenanlage Rechnitz 1 befindet sich im Bereich zweier neolithischer Siedlungen. Der Großteil der erkannten Hausgrundrisse stammt aus dem Frühneolithikum, dem Zeitalter der sogenannten Neolithischen Revolution. Einzelne Häuser deuten auch auf die Besiedlung des Areals zur Zeit der Kreisgrabenanlagen im Mittelneolithikum, also später, hin. Nikolaus Franz betont die besondere Relevanz der Fundstelle in Rechnitz: „Die Grabungen öffnen ein regelrechtes Fenster in die Steinzeit. Wir erfahren viel über die neolithischen Siedlersippen, die hier einen günstigen Platz vorfanden, um die Kulturtechniken Ackerbau und Viehzucht auf heute burgenländischem Gebiet im 6. vorchristlichen Jahrtausend zu etablieren. Nach Jahrhunderttausenden des Jagens und Sammelns war die sukzessive Sesshaftwerdung des Menschen tatsächlich revolutionär.“

Die Ausgrabungen werden noch bis Anfang September in Kooperation mit der Gemeinde Rechnitz sowie mit der Spezialfirma PANNARCH durchgeführt. Das Archäologie-Team vor Ort dokumentierte bisher Gruben und Pfostengruben, die die jungsteinzeitliche Besiedlung anhand von Keramikfunden veranschaulichen. Die Gräben eines bisher nur auf Basis geomagnetischer Untersuchungen bekannten frühneolithischen Erdwerks konnten ebenfalls bereits grabungstechnisch nachgewiesen werden. Materialproben, die aus den Befunden entnommen wurden, werden bioarchäologischen Analysen zugeführt. Zusätzlich wurden Bodenprofile angelegt, die im Rahmen eines Forschungsprojekts des Instituts für Geografie und Regionalforschung der Universität Wien Aufschluss über die Entstehung des landwirtschaftlich genutzten Bodens und seines geologischen Untergrunds geben werden.  

WEITERE INFORMATIONEN:

Zwischen 2011 und 2017 wurden mittels luftbildarchäologischer und geomagnetischer Untersuchungen des Instituts für Ur- und Frühgeschichte, des Bundesdenkmalamtes sowie des Ludwig-Boltzmann-Institutes für Virtuelle Archäologie die Überreste von insgesamt 4 monumentalen Erdwerken aus der Jungsteinzeit im Boden des südlichen Gemeindegebiets von Rechnitz nachgewiesen. Bei dreien dieser bislang für das freie Auge nahezu unerkennbaren ringförmigen Strukturen handelt es sich um sogenannte Kreisgrabenanlagen, die im Mittelneolithikum im Zeitraum 4850 bis 4500 v. Chr. erbaut wurden und einen Durchmesser von bis zu 105 Meter hatten. Damit weisen diese Bodendenkmäler ein Alter von mindestens 6500 Jahren auf und sind somit gut 2000 Jahre älter als die Pyramiden von Gizeh oder der berühmte Steinkreis von Stonehenge. 

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Kreisgrabenanlage Rechnitz Kick-off 1
Kreisgrabenanlage Rechnitz Kick-off 2
Kreisgrabenanlage Rechnitz Kick-off 3
2025-08_RE_Grab_Air_02
2025-08_RE_Grab_Air_19
2025-08_RE_Grabung_08
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Bildtext Kreisgrabenanlage Rechnitz Kick-off 1 : Hannes Wagner, Landesimmobilien Burgenland, Nikolaus Franz, Leiter der Archäologie Burgenland, Landeshauptmann Hans Peter Doskozil, Martin Kramelhofer, Bürgermeister der Gemeinde Rechnitz und Claudia Priber, Geschäftsführerin Kultur Betriebe Burgenland GmbH, bei der Kick-off-Veranstaltung zum Projekt „Kreisgrabenanlage Rechznitz“ im September des Vorjahres (Archivbild) (v.l.).

Bildtext Kreisgrabenanlage Rechnitz Kick-off 2, 3: Landeshauptmann Hans Peter Doskozil bei der Kick-off Veranstaltung zum Projekt „Kreisgrabenanlage Rechznitz“ im September des Vorjahres (Archivbilder)

Bildtext 2025-08_RE_Grab_Air_02: Die Projektfläche „Kreisgrabenanlage & Steinzeitdorf Rechnitz“ aus der Vogelperspektive (1).

Bildtext 2025-08_RE_Grab_Air_19: Die Projektfläche „Kreisgrabenanlage & Steinzeitdorf Rechnitz“ aus der Vogelperspektive (2).

Bildtext 2025-08_RE_Grabung_08: Astrid und Wilfried Tögel von der ARCHÄOLOGIE BURGENLAND beim händischen Überputzen der Grabungsfläche.

Bildtext 2025-08_RE_Grabung_10: Der Grabungsschnitt folgt der zukünftigen Anlage des Spazierweges, der vom Besucherpavillon zur Kreisgrabenanlage führen wird. Basis für die Ausgrabungen sind geomagnetische Bodenuntersuchungen von GeoSphere Austria. 

Bildquelle: Amt der Burgenländischen Landesregierung, Abt. 7 – Bildung, Kultur und Wissenschaft, Archäologie Burgenland im Referat Wissenschaft / Nikolaus Franz 

Eisenstadt, 09.09.2025

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